Wie kann der Holzbau zur Klimaneutralität beitragen? Darum ging es bei einem Austausch in kleiner Runde in der Schwedischen Botschaft. Eingeladen hatte Botschafter Per Thöresson u. a. Architekten, Unternehmer, Finanzierer und in Berlin ansässige Eksjöhus-Vertriebspartner.
Wie man in Schweden nur zu gut weiß, liegt im Holzbau ein großes Potenzial, denn Holzhäuser vermeiden klimaschädliche Emissionen und fungieren zugleich als Kohlenstoffspeicher. Schwedens Vertretung hat es sich deswegen zur Aufgabe gemacht, für den Holzbau zu werben und idealerweise schwedisch-deutsche Partnerschaften zu stiften.
Holzbau als klimaschonende Wahl
„Wir haben viel Holz und tüchtige Architekten mit viel Erfahrung im Holzbau“, so Botschafter Per Thöresson. „Und wir sind sehr engagiert beim Thema Nachhaltigkeit. Die Agenda 2030 und das Pariser Klimaabkommen nehmen wir sehr ernst.“
Ihn selbst mache das Thema Klimawandel sehr betroffen, ergänzte der Botschafter. „Deswegen wollen wir dazu beitragen, sowohl coole als auch gute Lösungen zu finden wie zum Beispiel den Holzbau. Wir haben eine Initiative ‚Fossilfreies Schweden‘, in der auch die Holzbaubranche engagiert ist. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 die Hälfte aller Neubauten aus Holz zu errichten.“
Beispiele für Holz- und Holzhybridbau
Dass dies möglich ist und Holz vielfältig zum Einsatz kommen kann, zeigen aktuelle Projekte aus Deutschland und Schweden. Auf Einladung der Botschaft stellte etwa Projektleiterin Anna Jasper-Martens die neue Deutschlandzentrale von Vattenfall als Holzhybridbau vor.
Ralf Schormann von Schormann Architekten & Ingenieure in Düsseldorf präsentierte verschiedene Holzbauprojekte, die sein Architekturbüro realisiert hat – darunter einen gewerblichen Neubau mit einer ausladenden Deckenkonstruktion aus Holz, die dank des geringen Gewichts ohne tragende Säulen auskommt.
Hoch hinaus: ein Holzturm in der nordschwedischen Provinz
Ein besonders beeindruckendes Beispiel für die Einsatzmöglichkeiten von Holz ist das Kulturhaus „Sara“ (Sara Kulturhus) im nordschwedischen Skellefteå. Das 20-stöckige Gebäude, das neben einem Kulturzentrum auch ein Hotel beherbergt, verbindet die lange Holzbautradition der Stadt mit moderner Ingenieurskunst. Bis auf wenige fixierende und statische Notwendigkeiten besteht es ganz aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz.
Zweithöchstes Holzgebäude der Welt
Eingeweiht wurde das Kulturzentrum im September 2021. Mit einer Höhe von 75 Metern gilt es aktuell als das zweithöchste vollständig aus Holz errichtete Gebäude der Welt. Ganz im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens ist es durch ein ausgeklügeltes Energiesystem an das Strom- und Wasserversorgungsnetz von Skellefteå angeschlossen und kann so die umliegende Nachbarschaft mit Energie versorgen.
Vorzeigeprojekt für Holzbauweise
Sara Kulturhus, das seinen Namen zu Ehren der Schriftstellerin Sara Lidman trägt, ist ein schwedisches Vorzeigemodell für nachhaltiges Planen und Bauen. Die Hybridbauteile aus Holz, Stahl und Beton wurden allesamt vorgefertigt; das Holz stammt aus der Region und ist besonders gut für die Witterungsverhältnisse am Polarkreis geeignet. Im 20-stöckigen Holzturm ist das Hotel mit Blick über die Kleinstadt und die eindrucksvolle Landschaft untergebracht.
Holz als Nachhaltigkeitsbotschafter in der schwedischen Vertretung
Auch auf dem Gelände der Nordischen Botschaften in Berlin, wo Schweden in einem von insgesamt fünf Gebäuden residiert, wurde viel mit Holz gebaut. So etwa die eindrucksvoll geschwungene Treppe in der Botschaft Schwedens.
In deren Räumlichkeiten war 2018 die Ausstellung „Woodland Sweden“ zu sehen. Mit Modellen, Bildmaterial und Zeichnungen präsentierte die Schau spannende Holzbau-Projekte aus den letzten Jahren:
- das Härbret Summer House in Nannberga von General Architecture/Stockholm
- das Timber House in Roslagen von Gustav Appell Arkitekter/Stockholm
- die Villa N1 an der Westküste Schwedens von Jonas Lindvall Architecture & Design/Malmö
- den Unna Chair von Monika Förster Design Studio/Stockholm
- die Kindertagesstätte am Stockholmer Telefonplan von Tham & Videgård/Stockholm
- das neue Kulturhaus in Skellefteå von White Arkitekter/Göteborg
- und das achtstöckige Wohnhaus „Strandparken in Stockholm von Wingårdhs/Stockholm, Göteborg, Malmö.
Schwedens Rückbesinnung auf traditionelle Bauweise
Schwedens Botschafter Thöresson ist überzeugt, dass dem Baustoff Holz die Zukunft gehört: „Es spricht einfach alles dafür. Schweden hat ja eine jahrhundertealte Tradition, mit Holz zu bauen. Erst kürzlich hat man im Schloss von Kalmar tragende Balken aus 13. Jahrhundert gefunden. Haltbarkeit und Holz, das passt einfach.“
Getreu seiner Tradition ist Schweden wieder zunehmend „auf dem Holzweg“: In den letzten zehn Jahren, freut sich Per Thöresson, ist der Anteil von Neubauten aus Holz bereits von 14 auf 20 Prozent gestiegen.
Wie Per Thöresson selbst wohnt und warum ihn Holzhäuser begeistern, erfahren Sie hier.
Bildnachweis Titelfoto: Jonas Westling/MyNewsdesk
Mehr Informationen:
Sara Kulturhus
Journal A: Sara Kulturhus von White Arkitekter: Mit Gewicht und Leichtigkeit
Holzbau Austria: Detailverliebter Riese
Fotosammlung Kulturhaus Sara in Skellefteå in der Datenbank Mynewdesk
ZEIT Magazin: Holz, das an Wolken kratzt (Fotogalerie mit herausragenden modernen Holzbauten, die 2018 in der Ausstellung „Woodland Sweden“ präsentiert wurden)
Einblicke in die Ausstellung „Woodland Sweden“
Ausstellung in den Nordischen Botschaften im Jahr 2018
Aedes Architecture Forum: Woodland Sweden – Zeitgenössisches Bauen mit Holz